Auch am Sonntagmorgen benötigten die Brüder ihren Wecker nicht. Beim Älteren machten sich kurz vor 6 Uhr schon erste Anzeichen von seniler Bettflucht bemerkbar. Gleiche Symptome zeigten weitere Mitläufer in der Halle und so begann langsam aber sicher ein geschäftiges Treiben.
Dem Teilnehmerfeld stand die härteste Etappe der ganzen Tour bevor. Zumindest vom Profil her. Die beiden Brüder hatten Respekt. Auch die Unruhe, die das Teilnehmerfeld ausstrahlte, trug nicht gerade zur Beruhigung der beiden bei. Umso entspannter gingen sie an das Abbauen ihres Nachtlagers heran, um keine zusätzliche Hektik aufkommen zu lassen. Diese Hektik entstand schlagartig, als Daniel von bevegt.de um 8:30 Uhr, also 20min vor dem Start, darauf hinwies, dass zwischen Halle und Start noch ca. 10min Fußweg liegen. Nun fingen die Brüder an, schnell die Matratze zusammenzupacken und die verbleibenden Sachen ins Auto zu räumen. Außerdem mussten sich die beiden auch noch kleidungstechnisch laufbereit machen.
Etwas gehetzt kamen unsere Abenteurer 5min vor 9 zum Start. Durch die Berge, die die beiden schon im Walking-Schritt zurückgelegt hatten, entfiel jegliches Warmmachprogramm. Der Wetterbericht versprach sengende Hitze für diesen Tag und diese machte sich bereits in den kleinen Gassen von Gelnhausen breit. Die Brüder reihten sich im Starterfeld ziemlich weit hinten ein, wünschten sich noch einmal gegenseitig Glück und starten um 9 Uhr auf die Frau Holle Etappe. Frau Holle hatte auf 16,8km 357 Höhenmeter im Angebot. Was sie dieses Mal leider nicht im Angebot hatte war Schnee, den die Läufer an diesem Tag mehr als an jedem anderen hätten gebrauchen können.
Die Etappe erwies sich im Nachhinein als gar nicht so fies, wie sie vorher in Erzählungen gemacht wurde. Eigentlich war es, so beschlossen es zumindest die beiden Brüder, die schönste Etappe des Brüder-Grimm-Laufs. Die Waldpassagen waren trotz der Hitze sehr angenehm, da es viel Schatten zu erhaschen gab. Auch die Strecke an sich war zwar anspruchsvoll aber dennoch sehr sehr schön anzusehen und so machte dieser Lauf, trotz der bereits in den Beinen spürbaren vorherigen Läufen, richtig Spaß. Nach einigen knackigen Anstiegen und noch viel anstrengenderen Bergabpassagen liefen unsere beiden Abenteurer nach 1h 41min und 23sek im Ziel in Wächstersbach ein. Nach der eiskalten Dusche hängten unsere beiden Helden ihre Laufsachen in die Sonne, um sie zu trocknen. Anschließend nahmen die beiden den Bus zurück zum Start der 4. Etappe, um ihr eigenes Gefährt anschließend ans finale Ziel zu kutschieren. Von dort sollte ein Bus sie dann zurückbringen, vermeintlich zum Ziel der 4. Etappe.
Doch hier begann die Nachlässigkeit der erschöpften Brüder – statt sich vorher noch einmal der genauen Strecken zu versichern, wählte man einfach die Pause am finalen Ziel, stärkte sich dort und kehrte dann um 14 Uhr mit dem Bus zurück. Um zu beschreiben, was dann passierte, hilft die eingefügte Grafik: Statt zum Ziel der 4. Etappe fuhr der Bus logischerweise zum Start der 5. Etappe – problematisch dabei war jedoch, dass die beiden ihre Laufausrüstung noch am Ziel der 4. Etappe “gelagert” hatten. Mit nur noch knapp einer Stunde Zeit bis zum Start machten sich die beiden also daran, ihre Sachen zu organisieren. Das war gar nicht so einfach wie gedacht – behilflich dabei war Louis Rack, ein Mitarbeiter des Orga-Teams, der unsere beiden Brüder umherkutschierte.
Ohne ihn und seine Bemühungen hätten die beiden wohl die letzte Etappe nicht miterleiden, ähm miterleben dürfen. Nachdem die Laufsachen nicht an der Halle (Ziel 4. Etappe) aufzufinden waren, fuhr Louis uns noch zu einer älteren Dame, die den Hallenschlüssel hatte und uns bestätigte, dass sie einige Sachen weggeräumt hat – dazu gehörten, Gott sei Dank, auch unsere Sachen. Nachdem die Brüder diese hastig in Empfang genommen hatten, raste Louis mit den beiden wieder Richtung Start der 5. Etappe, wo er unsere Abenteurer pünktlich 5 vor halb 4, also 5min vor dem Start, absetzte. Dass der Ältere zu allem Überfluss auch noch sein Handy im Auto von Louis vergaß, war nur das kleine Sahnehäubchen zum Abschluss. Mit einem Puls von gefühlten 180 Schlägen starteten die beiden also in die fünfte und damit letzte, jedoch auch längste und heißeste Etappe – das Thermometer zeigte 36°C. Die Etappe machte also ihren Namensgebern Hänsel und Gretel alle Ehre – der Backofen im Märchen war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Witz gegen die Hitze, die auf der Laufstrecke auf die Läufergemeinschaft wartete.
Das machte die fünfte Etappe zu einer letzten Härteprüfung. Bevor die beiden Brüder ihr Finisher-Shirt in den Händen halten durften, mussten sie also noch einmal durch die Hölle laufen und das im wahrsten Sinne des Wortes. Gott sei Dank hatte auch hier das Organisationsteam geniale Arbeit geleistet: zu den standardmäßig vorgesehenen Verpflegungsstellen wurden zusätzliche aufgebaut. Auch die Anwohner halfen tatkräftig mit und stellten mit Wasser gefüllte Wäschekübel auf oder befestigten Wasserschläuche an ihrem Gartenzaun, die als kalte Duschen genutzt werden konnten. So quälten sich die beiden Brüder mit einem gefühlten Wasserverbrauch von 10l pro Person über die 18km lange Strecke. Zwischen den Feldern brannte die Sonne auf den Asphalt und heizte somit den Läufern von unten zusätzlich ein.
Nicht nur unsere beiden Brüder waren am Kämpfen, auch die restlichen Läufer litten unter der Hitze. Dennoch kämpften sich unsere Helden Kilometer für Kilometer durch die Hitze, bis sie schließlich nach ca. 2 Stunden auf die Zielgeraden in Steinau an der Straße einbogen. In diesem Moment waren die Schmerzen und Leiden der letzten Kilometer wie weggefegt und die beiden genossen den Empfang in Steinau in vollen Zügen. Die Kulisse war unglaublich, eine Gänsehaut bei jedem, der durch das Ziel laufen durfte, garantiert. Nach 2h 3min und 24sek waren die beiden endlich am Ziel angelangt und überglücklich, wenn auch vollkommen erschöpft. Insgesamt waren sie in den letzten drei Tagen 82km in 8h 5min und 26sek gelaufen und während sich einer der beiden mental schon auf den BGL 2015 einstimmte, ließ sich der andere den gerade im Ziel genossenen schwarzen Tee noch einmal durch den Kopf gehen. Mittlerweile bereitet jedoch auch er sich schon mental auf den Brüder-Grimm-Lauf nächstes Jahr vor. Auf jeden Fall setzten die beiden ihr schönstes Lächeln auf, denn sie hatten es geschafft.
Zum Abschluss genossen die beiden dann noch ein (alkoholfreies Weizen-)Bier gemeinsam mit Fabio, Daniel, Katrin, Christian und Marc (von links nach rechts, zwischen Christian und Marc erst der Ältere und dann der Jüngere).
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann laufen sie noch heute!
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Bevor nun noch ein paar Statistiken folgen, muss noch genügend Zeit sein, um DANKE zu sagen. DANKE…
- …an die Organisatoren für die geniale Arbeit, die ihr geleistet habt und für die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit (bspw. in Bezug auf die schnelle Reaktion auf das heiße Wetter)
- …an alle ehrenamtlichen Helfer, die sich sicher manchmal auch gewünscht haben, bei dem Wetter im Freibad zu liegen und nicht den Läufern das Wasser zu reichen
- …an Louis Rack. Ohne Dich hätten wir die letzte Etappe nicht mehr miterlebt und Steffen hätte sein Handy nicht mehr. Danke, danke und nochmals danke
- …an alle Anwohner, die die Läufer an der Strecke mit guter Stimmung und Verpflegung unterstützt haben und somit das ganze Event zu einer großen “Familienfeier” gemacht haben
- …an alle Fans, die nicht nur ihre Liebsten sondern auch alle anderen Teilnehmer immer und immer wieder gepushed, angefeuert und zum Lachen gebracht haben
- …an die vielen netten Menschen, die wir kennenlernen durften. Allen voran an Katrin und Daniel von bevegt.de, die uns schon im Vorfeld und auch während des Events immer und immer wieder unsere Fragen beantwortet und uns unterstüzt haben. Aber natürlich auch Christian, Marc und Fabio für die Herzlichkeit und die netten Gespräche.
- …an alle anderen Teilnehmer des BGL, denn ich glaube alle Läuferinnen und Läufer gemeinsam machen dieses Event zu etwas besonderem
Und hier noch meine Statistiken:
# | Strecke | Zeit | ØZeit/km | ØHFQ | Platz | Platz ges. | Zeit kumuliert |
1. | 16km | 01:26:47 | 5:33min | 129 | 349 | 349 | 01:26:47 |
2. | 14km | 01:16:29 | 5:30min | 132 | 288 | 310 | 02:43:16 |
3. | 16km | 01:37:22 | 6:09min | - | 372 | 321 | 04:20:38 |
4. | 16km | 01:41:23 | 6:19min | 125 | 366 | 321 | 06:02:01 |
5. | 18km | 02:03:24 | 6:59min | 123 | 365 | 325 | 08:05:26 |
Hat uns sehr gefreut euch kennen zu lernen! Und vielleicht sehen wir uns schon vor dem BGL 2015 wieder! Und ja, die mentale Vorbereitung ist besonders wichtig, die braucht man gerade auf der 5. Etappe 🙂
Ja, wäre super, wenn wir es vorher mal wieder schaffen würden. Ich versuch auf jeden Fall auf eine eurer Buchvorstellungen zu kommen, auch wenn das mit Köln ja leider nicht klappt. Und ansonsten geb ich auf jeden Fall Bescheid, wenn ich mal im Frankfurter Raum unterwegs bin, vielleicht wirds ja dann mal was mit einer kleinen Feierabendrunde 🙂